Pfarrchronik Marchtrenk 1890–1933
“Die großteils in Kurrentschrift abgefasste Pfarrchronik (1890 – 1933) wurde von Frau MMag. Magdalena Egger, Mitarbeiterin des Diözesanarchivs, transkribiert. Zusammen mit dem Obmann des Museumsvereins Marchtrenk Welser Heide, Reinhard Gantner, wurde die Pfarrchronik erstmals in diesem Umfang der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt”.
1890
Zwei seidene Schülerfahnen in den Farben weiß-blau und weiß-rot werden um 30 Gulden von der Marienanstalt in Linz gekauft.
1890
Die Kirche und das Inventarium werden aufgrund einer geplanten Mission renoviert und poliert.
27. Mai 1890
Der Bauernverein Marchtrenk hält eine sehr schlecht besuchte Versammlung ab; es sind fast nur Evangelische anwesend.
15. Juli 1890
Ein Sturm richtet großen Schaden am Kirchendach und am Wandverputz der Pfarrkirche an.
9. August 1890
Herr Johann Nepomuk Scherzl, Privatier aus Linz und Förderer der Pfarre Marchtrenk, schenkt der Pfarrkirche sechs gotische Altarleuchter und drei gotische Kanontafeln. Hergestellt werden diese neun Stück vom Gürtler Schmidberger in Wels.
11. August 1890
Um 7 Uhr früh wird die Wahlmännerwahl zur Wahl von zwei Landtagsabgeordneten für den Bezirk Wels in der Pfarrkanzlei abgehalten. Die „Evangelischen erhielten die Oberhand“, so Pfarrer Anton Lesslhumer in der Pfarrchronik (S. 3).
7.–14. Dezember 1890
Die erste hl. Volksmission wird in Marchtrenk abgehalten. Fast alle Einwohner gehen zu den hl. Sakramenten. Für die Fabriks- und Wasserbauarbeiter werden eigene Vorträge in der Fabrik und am Wasser gehalten. „Wahrhaft ergreifend war es als am Donnerstag Nachmittags nach der Predigt 12 Priester mit brennenden Kerzen vor den Allerheiligsten kniend feierliche Abbitte leisteten. Eine überaus große Freude wurde der Pfarrgemeinde dadurch zu Theil, daß der Hochwürdigste Herr Bischof Dr. Franz Maria Doppelbauer selbst den Schluß der Mißion abzuhalten die Gnade hatte“, so Pfarrer Lesslhumer in der Pfarrchronik (S. 4).
31. Dezember 1890
Eine Volkszählung zeigt für die Pfarre Marchtrenk und die dazugehörigen 8 Ortschaften Au, Kappern, Mitterperwend, Niederperwend, Neufahrn, Leiten und Unterhart folgendes Ergebnis: 1384 Katholiken und 315 Protestanten.
21. Februar 1891
Die Wahlmännerwahl zur Wahl eines Abgeordneten für den Reichstag wird abgehalten. Die katholischen Kandidaten erhallten mehr Stimmen
24. Juni 1891
Bei der Gemeindeausschusswahl müssen die Katholiken an Stimmen einbüßen und so wird bei der konstituierenden Sitzung am 5. Juli der evangelische Fabrikbesitzer Erbst Becker zum Bürgermeister gewählt.
1892
Für den Kirchturm, die Kirche und den Pfarrhof werden Blitzableiter angeschafft.
1892
Das Totengräberhaus und die Friedhofmauer werden renoviert.
8. und 9. Juni 1892
Durch anhaltende Regenfälle tritt die Traun über und es kommt zu Überschwemmungen. Besonders im Ortsteil Au müssen einige Hausbewohner evakuiert werden.
1. Dezember 1892
Es wird mit dem Bau einer Brücke über die Traun begonnen.
1893
Der Pfarrhof wird außen renoviert.
1. März 1893
Seit diesem Tag wird in der Schule in Marchtrenk wieder das Vater Unser und das Ave-Maria vor und nach dem Unterricht gebetet, nachdem diese Regelung durch eine Verordnung des k. k. Bezirksschulrates 1874 aufgehoben wurde. Ebenfalls seit 1. März 1893 müssen evangelische Schulkinder in ihrem Religionszimmer vor und nach dem Unterricht nach ihrer Konfession beten.
1. April 1893
Die Brücke über die Traun wird vollendet; am 11. Mai 1893, zu Christi Himmelfahrt, wird sie eingeweiht. Vom 1. April bis zum 31. Dezember 1893 wird die Brücke laut Pfarrchronik von über 16.000 Personen passiert.
1.– 6. April 1893
Es findet eine Missionsrenovation durch die P. P. Jesuiten aus dem Missionshaus in Steyr in der Pfarre Marchtrenk statt. Im Ganzen werden 3.600 Kommunionen gespendet.
6. August 1893
Die Herz-Jesu-Bruderschaft wird durch P. Eduard Fischer, Jesuit aus Steyr, kanonisch errichtet. 290 Katholiken lassen sich bereits am 6. August in die Bruderschaft aufnehmen, Ende 1893 sind es 328 Mitglieder.
Jänner 1894
Es kommt zu Überschwemmungen im Ortsteil Kappern – sonderbar für die Jahreszeit.
Ostern 1894
Ein neues heiliges Grab, gemalt von Hans Rabensteiner aus Klausen in Tirol (heute Italien), wird aufgestellt. In der Welser Zeitung Nr. 12 vom 24. März 1894 wird folgendes geschrieben: „Dieses Kunstwerk [das Heilige Grab] ist ganz eigener Art und dürfte vielleicht in Oberösterreich noch einzig dastehen. Es ist kein Gebilde der Plastik, sondern nur der Malerei allein, bestehend aus auf Leinwand gemalten Ölbildern, welche coulissenartig zusammengestellt sind. […] Hat nun das Auge sich erquickt an den schönen Symbolen der reich ausgestatteten porta, so fällt nun der Blick hin auf den Hintergrund, der den eigentlichen Gegenstand unserer Verehrung enthält, nähmlich den hl. Leichnam Christi, eine vorzügliche Bildhauerarbeit aus dem Atelier des Herrn Mauroner, Bildhauers in Gröden. […] An der Spitze des Triumphbogens lesen wir die Worte der Schrift: ,Sein Grab wird herrlich sein!‘ Wahrlich der Künstler hat es verstanden, diesen Spruch zu verwirklichen!“ (Pfarrchronik, S. 21–23)
25. Juni 1894
Das erste Mal wird bei einer Gemeindeausschusswahl mit der Abgabe von Stimmzetteln gewählt. Am 8. Juli wird Ernst Becker abermals zum Bürgermeister gewählt.
30. Juni 1894
Der k. k. Statthalter Freiherr von Puthon besichtigt die Brücke über die Traun und besucht auch die Pfarrkirche, den Pfarrhof und die Schule von Marchtrenk.
7. Oktober 1894
In Marchtrenk wird eine neue Feuerwehr gegründet.
17. Dezember 1894
„Ein Curriosum sei zum Schluße noch erwähnt. Montag, den 17. Dezemb[er] hat der Meßnerknecht Schimpelsberger um 1 Uhr früh Ave Maria geläutet. Viele Leute die es hörten, standen auf, ohne auf die Uhr zu schauen, begannen sie ihre Arbeiten. Der Orgelaufzieher Michael Eder stand auf, kochte sich die Suppe, räumte sein Bett auf, aß seine Suppe, und ging dan auf die Straße heraus um auf das Viertelläuten zur Rorate zu warten und während dem schlägt es – 2 Uhr. Es bleibt ihm nichts anders übrig, als wieder ins Bett zu gehen.“ (Pfarrchronik, S. 28)
1895
Der Kirchturm, die Marienkapelle und der hintere Teil der Pfarrkirche werden renoviert und im rückwärtigen Teil der Kirche wird ein neues Portal eingesetzt. Am 29. Mai ist das Turmgerüst nach 52 Arbeitstagen fertig aufgestellt. Die Mauern werden neu verputzt und das Turmdach mit 11 neuen Kupfertafeln ausgebessert. Bei der Marienkapelle muss der Dachstuhl ausgebessert werden. Auf das Sakristeidach wird ein Rauchfang gesetzt, um die Sakristei heizbar werden zu lassen. Am Turm werden neue Ziffernblätter angebracht. Am 16. Dezember wird eine neue Turmuhr angebracht und in Gang gebracht.
20. August 1896
Ein verheerender Sturm beschädigt u.a. das Dach der Kirche.
14. September 1896
Für den Landtag wird die Wahlmännerwahl in Marchtrenk abgehalten.
25. und 26. Februar 1897
Die Wahl der Wahlmänner für den Reichsrat findet statt. Die drei Parteien Katholisch-Konservative, Protestanten und Sozialdemokraten stehen sich gegenüber.
28. Juni 1897
Die Wahl des Gemeindeausschusses findet statt.
Juli 1897
Durch lange anhaltenden Regen entstehen große Überschwemmungen in ganz Ober- und Niederösterreich. Im Ortsteil Au müssen viele Leute evakuiert werden.
13. Februar 1898
In Marchtrenk werden sozialistische Versammlungen mit Rednern aus Wels und Linz abgehalten.
15. September 1898
Die am 10. September 1898 ermordete Kaiserin Elisabeth wird in einem Hofzug an Marchtrenk vorbeigeführt. Alle an der Bahnstrecke gelegenen Pfarren erhielten den Auftrag, während der Durchfahrt des Hofzuges mit allen Glocken zu läuten.
23. Februar 1899
Beim Postamt von Marchtrenk wird eine Telegrafenstation eingerichtet.
10.–15. September 1899
Aufgrund anhaltenden Regens kommt es zu noch verheerenderen Überschwemmungen als im Jahr 1897.
25. Juni 1900
Die Gemeindeausschusswahlen finden unter großer Beteiligung statt. Ernst Becker wird am 9. Juli erneut zum Bürgermeister gewählt.
17. und 18. August 1900
Für die Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag von Kaiser Franz Josef wird eine schwarz-gelbe Fahne angekauft und es werden ein Fackelzug sowie eine Feldmesse abgehalten.
27. November 1900
Die Wahl der Wahlmänner für den aufgelösten Reichsrat wird abgehalten. Die Protestanten koalieren mit den Sozialdemokraten.
31. Dezember 1900
Eine Volkszählung zeigt für die Pfarre Marchtrenk und die dazugehörigen 8 Ortschaften Au, Kappern, Mitterperwend, Niederperwend, Oberneufahrn, Leiten und Unterhart folgendes Ergebnis: 1599 Katholiken und 294 Protestanten.
1901
Der Friedhof bekommt einen neuen Brunnen, die Friedhofsmauer wird saniert und das Mesnerhaus renoviert. Außerdem wird die Marienkapelle innen und außen restauriert: ein neues Taufbecken und ein neuer Marienaltar werden aufgestellt.
12. Juni – 24. September 1901
Auf das Schulhaus wird ein zweites Stockwerk aufgesetzt. Wegen dieses Aufbaues erhalten die Schüler 9 Wochen ununterbrochen Ferien.
1. August 1901
In Marchtrenk wird ein Gendarmerieposten mit zwei Angestellten im Haidingerhaus Nr. 9 eröffnet.
7. August 1901
Der pensionierte Pfarrer Ignaz Kastner zieht von Holzhausen nach Marchtrenk, er bezieht das renovierte Mesnerhaus, um künftig als Messleser in Marchtrenk tätig zu sein. An Sonn- und Feiertagen soll er die Frühmesse und die Frühlehre halten. Täglich werden künftig zwei hl. Messen gelesen.
4. Februar – 15. Mai 1902
Infolge einer Blinddarmentzündung muss sich Pfarrer Anton Lesslhumer im Spital der barmherzigen Schwestern in Linz einer Operation ohne Narkose unterziehen.
7.–8. Juni 1902
Bischof Franz Maria Doppelbauer visitiert die Pfarre Marchtrenk. Gemeinsam mit dem Konsultor Abelen aus Milwaukee und Hochwürden Herrn Sekretär Kolda reist er an und wird bei der Kirche von den Schulkindern und der Gemeindevertretung mit Bürgermeister Becker an der Spitze empfangen. Am 8. Juni spendet er 130 Kindern das Sakrament der Firmung.
29. Juni 1902
Im Zuge eines Autorennens von Paris über Innsbruck nach Wien fahren am 29. Juni zwischen 9 Uhr am Vormittag und 2 Uhr am Nachmittag etwa 100 Autos durch Marchtrenk. Zum Schutz der Passanten werden sowohl die Feuerwehr als auch 8 Gendarmen an der Rennstrecke positioniert. Bei jedem anfahrenden Wagen wird ein Trompetensignal abgegeben.
26. August 1902
Das 50jährige Priesterjubiläum des ehemaligen Marchtrenker Pfarrers Kanonikus Edlbauer findet in der Vorstadtpfarre Wels statt.
27. Oktober 1902
Bei der oberösterreichischen Landtagswahl werden die Abgeordneten erstmals direkt gewählt, nicht mehr nur die Wahlmänner. In fast allen Landgemeinden können die Konservativen siegen.
21. März 1903
Josefa Hofer aus Marchtrenk, eine Förderin der Pfarrkirche, stiftet einen Relief-Kreuzweg. Dieser wird von Bildhauer Linzinger aus Linz angefertigt und am 25. März 1903 eingeweiht.
19. April 1903
Bei einer Versammlung der Sozialisten sind etwa 80 Personen anwesend und ein Herr aus Wien hält eine Rede.
1. Juni 1903
Die Fahnenweihe des Veteranenvereins findet bei einer Feldmesse statt. Es erscheinen 8 Vereine mit Fahnen und 4 Vereine ohne Fahnen.
24. Juni 1903
In Marchtrenk werden Gemeindeausschusswahlen abgehalten. Ernst Becker wird erneut zum Bürgermeister gewählt (am 10. Juli).
28. Juni 1903
Die k. k. Statthalterei genehmigt die Bildung einer Ortsgruppe Marchtrenk des allgemeinen Arbeiter-Fortbildungs-Rechtsschutz und Unterstützungsvereines in Linz.
16. Juli 1903
Ein 5 ½ Jahre altes Mädchen wird im freien Feld nahe der Griesmüller-Kapelle mit aufgeschnittenem Unterleib und einer Halsstichwunde tot aufgefunden. Der Mörder kann nicht ausfindig gemacht werden.
18. Juli 1903
Die neue Marmormensa und der neue Hochaltar werden durch Bischof Franz Maria Doppelbauer konsekriert. Der Altar ist eine Spende der Josefa Hofer aus Marchtrenk, wobei einige Teile (v.a. Statuen) vom alten schadhaften Altar verwendet werden. Ebenso wie der Kreuzweg wird der Altar vom Bildhauer Linzinger aus Linz hergestellt.
16. März 1904
Eine der größten WohltäterInnen der Pfarrkirche Marchtrenk, Josefa Hofer, stirbt im 83. Lebensjahr.
16. März – 28. November 1904
Beim Tod der Privaten Josefa Hofer vermacht sie der Kirche 10.000 Kronen mit der Auflage, davon den Pfarrhof so zu vergrößern, dass künftig auch ein Kaplan dort wohnen könnte. Damit sollte die von Josef Kolda gewidmete Kaplanstiftung vom 19. April 1903 realisiert werden. Dombaumeister Schlager beteiligt sich an der Abänderung der Pläne. Die Bauarbeiten dauern über ein halbes Jahr.
28. März – 5. April 1904
Eine hl. Mission wird in Marchtrenk durch Jesuiten veranstaltet. Im Ganzen werden 1.200 Kommunionen gespendet.
30. Juli 1904
Der nach Marchtrenk versetzte pensionierte Pfarrer Ignaz Kastner stirbt im 63. Lebensjahr.
1. August 1904
Der vom bischöflichen Ordinariat zugesagte Kooperator Alois Stelzhamer aus Ried im Innkreis wird im August installiert. Er wird aus der „Josefa Hofer’schen Kaplanstiftung“ bezahlt.
Oktober 1904
Bei der sich alle sechs Jahre wiederholenden Landeslehrerkonferenz in Linz wird von den Lehrern eine strikte Trennung von Kirche und Staat, sowie eine sexuelle Aufklärung der Kinder und eine Abschaffung aller religiösen Übungen gefordert. 425 Gemeinden protestieren gegen diese Forderungen. Die Gemeinde Marchtrenk beteiligt sich nicht an diesen Protesten.
Herbst 1904
Eine Volksbibliothek wird vom Volksbildungsverein Linz in Marchtrenk eröffnet.
16. Jänner 1905
In der Fabrik des Bürgermeisters Becker streiken die Arbeiter, da Becker vier Sozialdemokraten entlassen hat.
3. März 1905
Das k. k. Postamt wird vom Haidingerhaus Nr. 9 in das Hoferhaus Nr. 13 verlegt.
19. März 1905
In Marchtrenk wird eine Raiffeisenkasse gegründet. Bis Ende 1905 sind 50 Mitglieder mit 67 Geschäftsanteilen a 20 Kronen beigetreten. Am 7. Mai wird der erste Amtstag abgehalten und die gezeichneten Geschäftsanteile eingezahlt.
3. September 1905
Die deutschnationalen Arbeiter der Becker-Fabrik veranstalte eine Versammlung des Fadingerbundes.
1906
Eine an das Pfarramt gesendete Petition gegen die im Reichsrat beantragte Auflösbarkeit der Ehe wird in Marchtrenk von 762 Personen unterschrieben.
5. Mai 1906
Der Vater des Pfarrers Anton Lesslhumer, Anton Lesslhumer sen., stirbt im Pfarrhof von Marchtrenk im 77. Lebensjahr an Lungenödem. Er ist am 5. Juni 1905 von Peuerbach nach Marchtrenk gezogen.
Juli 1906
In Marchtrenk wird Gemeindewahl gehalten. Gewählt werden mehrheitlich Katholiken. Am 20. Juli wird der neue Bürgermeister, Josef Ransmair, gewählt.
11. August 1906
Der Alumnatspriester Johann Großpointner kommt als Kooperator statt dem entpflichteten Alois Stelzhammer nach Marchtrenk.
4. November 1906
Bürgermeister Ernst Becker stirbt im Krankenhaus von Wels an Blasen und Mastdarmkrebs.
28. April 1907
In Marchtrenk findet eine Volksvereinsversammlung statt.
14. Mai 1907
In Marchtrenk wird die Wahl eines Reichsratsabgeordneten vorgenommen. Nach aktuell geltendem Wahlrecht sind alle Männer, die mindestens 24 Jahre alt sind und bereits mindestens ein Jahr in der Gemeinde ansässig sind, zur Wahl verpflichtet.
8. Dezember 1907
Der katholische Arbeiterverein für Marchtrenk und Umgebung wird gegründet. Es treten 62 Personen gleich am ersten Tag dem Verein bei. Kooperator Johann Großpointner zählt zu den Gründungsmitgliedern und ist das erste Ehrenmitglied des Vereins.
10. März 1908
Der Kooperator Johann Großpointner wird nach St. Marienkirchen versetzt und an seiner Stelle kommt der Kooperator Johann Dirlinger nach Marchtrenk.
1. Juli 1908
Aufgrund der Erhöhung der Bierpreise durch das Brauherrenkartell haben sich einige Wirte zu Genossenschaftsbrauereien zusammengeschlossen, etwa in Grieskirchen, Ried und Wels, um den Bierpreis niedrig halten zu können. Kurzzeitig boykottieren die Leute das Bier und trinken nur mehr den billig hergestellten Most.
5. Oktober 1908
Nach der Annexion von Bosnien und Herzegowina durch Österreich-Ungarn fragt sich der Verfasser der Pfarrchronik, Anton Lesslhumer, ob in der Folge ein Krieg ausbrechen werde.
2. Dezember 1908
Anlässlich des 60jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef wurde in Marchtrenk zum Schulhaus ein Zubau als Lehrerwohnung und Gemeindekanzlei mi einem ebenerdigen Sitzungssaal gebaut. Die Feierlichkeiten am 2. Dezember wurden allerdings durch den Tod von Bischof Franz Maria Doppelbauer getrübt.
3.–10. Mai 1909
In Marchtrenk finden Landtagswahlen statt.
24. Juni 1909
In Marchtrenk findet die Gemeindeausschusswahl statt. Josef Ransmair wird wieder zum Bürgermeister gewählt.
15. November 1909
In der Kirche und im Pfarrhof wird eine elektrische Beleuchtung eingerichtet. Auch der Marienaltar und das Heilige Grab werden mit elektrischem Licht ausgestattet. Privathäuser sollen folgen. Am 16. November wird die Beleuchtung mit einem feierlichen Festakt eingeweiht.
1. Dezember 1909
Eine Telefonstelle wird in Marchtrenk errichtet.
11. Dezember 1909
Eine Versammlung zur Gründung einer „Südmark“ wird in Marchtrenk abgehalten.
23. Dezember 1909 – 28. April 1910
Pfarrer Anton Lesslhumer erkrankt an einer Lungenentzündung und ihm werden Kuren in Görz, in Ika und in Meran angeordnet. Er wird von Karmelitenpatres und vom Kooperator Dirlinger vertreten.
27. Februar 1910
Die Gründungsversammlung der „Südmark“ findet in Marchtrenk statt. Lehrer und Protestanten sind alle beigetreten. Obmann ist Ernst Becker, Sohn des ehemaligen Bürgermeisters.
8. September 1910
Der Kooperator Johann Dirlinger wird nach Aurach versetzt und an seiner Stelle kommt der Kooperator Ludwig Gruber nach Marchtrenk.
7. November – 17. Dezember 1910
An einem vom Landeskulturrat organisierten Kochkurs beteiligen sich 12 Marchtrenker Mädchen. Zur Abschlussfeier erscheint u.a. Landeshauptmann Johann Nepomuk Hauser.
31. Dezember 1910
Die vorgenommene Volkszählung zeigt für die Pfarre Marchtrenk und die dazugehörigen Ortschaften Au, Kappern, Leiten, Unterhart, Oberneufahrn, Niederperwend und Mitterperwend folgendes Ergebnis: 1765 Katholiken und 319 Protestanten. Die zur Gemeinde Marchtrenk gehörigen Orte Niederpriesching, Unterneufahrn, Unterhaid und Schafwiesen kommen gemeinsam auf 267 Katholiken und 113 Protestanten.
13. Juni 1911
Nach Auflösung des Reichsrates im März kommt es zu Neuwahlen.
18. Oktober 1911
Eine historische Wiege aus dem Gasthaus Fischer in Marchtrenk wird vom Museum in Linz angekauft und dorthin überführt.
14. November 1911
Pfarrer Anton Lesslhumer erhält infolge seines 25jährigen Wirkens als Pfarrer in Marchtrenk das Ehrenbürger-Diplom überreicht. Der katholische Arbeiterverein hält dazu eine Festveranstaltung ab.
1912
In diesem Jahr werden 5200 Kommunikanten gezählt, die höchste Zahl seit 1886.
25. Februar 1912
Der damals älteste Mann in Marchtrenk, Leopold Atzenhofer, stirbt im 95. Lebensjahr.
Mai 1912
In Marchtrenk finden Gemeindeausschusswahlen statt. Josef Ransmair wird als Bürgermeister abermals bestätigt.
22. Juni 1912
Dem Bürgermeister Josef Ransmair wird das Ehrenbürger-Diplom für 30 Jahre Tätigkeit im Gemeindeausschuss überreicht.
29. Juni 1912
Die neue Fahne des katholischen Arbeitervereins wird vom ehemaligen Kooperator und nun Benefiziaten Johann Großpointner in Eferding geweiht. 26 fremde Vereine mit 19 Fahnen nehmen an der Feier teil.
17. Juli 1912
Einem Brand im Ortsteil Niederperwend fallen zehn Bauernhäuser und vier Nebengebäude zum Opfer. Um 12 Uhr mittags steht das ganze Dorf (Niederperwend) in Flammen. Am 19. Juli regnet es derartig stark, dass das ungeschützte Mauerwerk komplett durchnässt und zum Teil einstürzt.
24. Oktober 1912
Der Patron der Pfarre Graf Weißenwolff in Steyregg stirbt infolge einer Erkältung bei der Jagd.
23. und 24. April 1913
Bischöfliche Visitation durch Bischof Rudolf Hittmair und Dechant Johann Andlinger in Marchtrenk: 121 Kinder aus 20 Pfarren werden in der Pfarrkirche Marchtrenk gefirmt. Für die Visitation werden die kirchlichen Bauten renoviert und gereinigt und neues kirchliches Gerät (z.B. Schülerfahnen, Baldachin (Himmel), Altarteppich etc.) angeschafft.
1914
In Folge des Krieges sind die Getreidepreise stark angestiegen.
5.–13. April 1914
Eine heilige Mission wird von drei Jesuitenpatres in Marchtrenk abgehalten. Die Mission wird wegen den Fabriksarbeitern in der Karwoche veranstaltet. Ein eigener Notbeichtstuhl wird angeschafft.
23. Juni 1914
Bei einem Autorennen fahren etwa 70 Autos durch Marchtrenk. 15 auswärtige Gendarmen werden an der Strecke positioniert.
3. Juli 1914
Zu Ehren des in Sarajewo ermordeten Paares Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie von Hohenberg wird in allen Pfarrkirchen der Diözese ein Requiem abgehalten.
31. Juli 1914
Nachdem Österreich am 30. Juli Serbien den Krieg erklärte, erfolgt am Tag darauf die allgemeine Mobilisierungskundmachung. Am 1. August werden zahlreiche Männer eingezogen. In Marchtrenk wird eine Haussammlung mit einem Erträgnis von über 1000 Kronen veranstaltet.
8. November 1914
Die damals älteste Frau in Marchtrenk, Anna Maria Haberfellner, stirbt im 99. Lebensjahr.
16. November 1914
Das Postamt übersiedelt vom Hoferhaus Nr. 12 in das Haus des Herrn Bäckermeister Haidinger in der Bahnstraße Nr. 10.
2. Dezember 1914
Auf der Heide in Marchtrenk wird ein Gefangenenlager gegründet. Am 2. Dezember wird das erste Bauholz geliefert. Es gibt hierzu keine Volksbefragung, die Baracken werden einfach positioniert. Täglich kommen 70 bis 80 zweigängige Fuhrwerke mit Bauholz auf der Heide an und es wird jeden Tag (auch an Sonn- und Feiertagen) am Lager gearbeitet (von 7 Uhr früh bis um 1 Uhr in der Nacht). Neben Zwangsarbeitern aus Russland sind weitere 800 bis 900 Personen am Bau beschäftigt. Am 31. Dezember kommt der Kommandant des „Russenlagers“, Generalmajor Gustav Goglia, an. Er wohnt beim Kaufmann Lang in Marchtrenk.
6. Dezember 1914
An diesem Tag kommen 53 ruthenische Feldarbeiter, die den Sommer über in Dänemark und Hannover gearbeitet haben, als Flüchtlinge nach Marchtrenk. Sie können nicht mehr in die Heimat Galizien zurückkehren, da das Land von den Russen besetzt wird. Am 8. Dezember kommen noch einmal 30 ruthenische Flüchtlinge nach Marchtrenk.
4. Jänner 1915
850 Männer der ungarischen Landwehr (Honveds) kommen mit 18 Offizieren nach Marchtrenk. Letztere wohnen im Ort in Privathäusern. Im Pfarrhof werden zwei Reserveoffiziere aus Ungarn (Alexander Han und Alexander Por) und deren zwei Diener einquartiert. Am 31. Mai 1915 müssen alle Offiziere in die nun fertigen Baracken ziehen.
Februar 1915
Unter dem sogenannten „Baslhaus“ wird ein zweites Gefangenenlager mit 85 Baracken errichtet. Vom Bahnhof aus wird ein Schleppgleis gelegt, das ab dem 27. Februar 1915 das erste Lager erreicht. In der Folge wird die Bahn auch zum zweiten Lager, das etwa einen Kilometer vom ersten entfernt ist, gebaut. Das Schleppgleis erreicht im Ganzen eine Länge von vier Kilometern.
23. Februar 1915
Der Bierpreis wird von 36–40 Heller auf 48 Heller pro Liter erhöht, da das Bier infolge Gerstenmangels zu einer Mangelware geworden ist.
5. März 1915
Bischof Rudolf Hittmair stirbt infolge einer Infektion mit Flecktyphus, welche er sich bei einem Besuch eines Gefangenenlagers in Mauthausen zugezogen hat. Pfarrer Lesslhumer von Marchtrenk hat den Bischof im Vorfeld wiederholt gebeten, auch das Gefangenenlager und die ungarischen Soldaten in Marchtrenk zu besuchen. Der bereits erkrankte Bischof widersagt diesem Wunsch. Am 1. März wird im Linzer Volksblatt über die Flecktyphus-Krankheit des Bischofs berichtet, am 5. März stirbt er. Pfarrer Lesslhumer betont in der Chronik, wie froh er sei, dass der Bischof nicht nach Marchtrenk gekommen ist. Am 6. März früh werden die Glocken in Marchtrenk eine Viertelstunde lang geläutet. Am 9. März wird am Vormittag ein Requiem für Bischof Hittmair in der Pfarrkirche Marchtrenk gehalten. Alle Offiziere, der General Goglia und alle Schulkinder nehmen am Requiem teil.
12. April 1915
Es wird amtlich verboten, Weißbrot zu backen. Es gibt nur mehr das sogenannte Kriegsbrot gegen Brotkarten, ebenso bekommt man Mehl nur gegen Karten.
23. April 1915
Die Metallsammlung wird durch Schulkinder vorgenommen. Die Kirche trägt durch ein kupfernes Taufbecken, einen Kupferdeckel vom Taufstein, durch ein Paar Messingkreuze und Messinglampen zur Sammlung bei. Derartige Sammlungen, auch Geldsammlungen, finden beinahe täglich statt.
17. Mai 1915
Der Patron Graf Paul Weißenwolff in Steyregg stirbt im 30. Lebensjahr während der Ausübung seines Militärdienstes bei einem Zugunglück in Nagy Scöllös (Ungarn). Am 26. Mai 1915 wird in der Pfarrkirche Marchtrenk eine Totenmesse für den verstorbenen Grafen gelesen. Graf Nikolaus, der Bruder des Toten, wird neuer Patron der Pfarrkirche in Marchtrenk.
2. Juni 1915
Vom Staat werden zwei fleischlose Tage eingeführt, Dienstag und Freitag.
14. August 1915
Niemand darf mehr selbstständig sein Getreide verkaufen, nur die von der Regierung ernannten Getreidekommissare.
24. April – 7. September 1915
Im Zuge von Renovierungsarbeiten an der Pfarrkirche werden ein neuer Chor, neue Gemäldefenster im Langschiff (von Bernhard Strobl aus Brixen und von der Tiroler Glasmalerei in Innsbruck), eine neue Orgel und neue Fenster im Oratorium angebracht. Die Arbeiter werden hierfür aus den Gefangenenlagern bezogen. Die k. k. Militärbauleitung stellt die Maurer, Handlanger, die Traversen, Ziegel und den Zement für die Empore, sowie das Gerüst unentgeltlich zur Verfügung. Die Marchtrenker, die durch die Soldaten und durch die Arbeiter im Lager viel verdienen, spenden ebenso für die Renovierung. Der Bau wird vom Landsturm-Baumeister Alois Clara aus Meran geleitet. Er erstellt alle Pläne unentgeltlich. Die Ausmalung der Kirche erfolgt durch den akademischen Maler Cassian Dapoz aus Meran. Im Inneren der Kirche werden außerdem die Kirchenstühle, der Fußboden und der Hochaltar renoviert. Neue Postamente für die Statuen werden von den Lagertischlern gestaltet. Dapoz fertigt u.a. an: ein Fresko über dem Eingang in die Marienkapelle („Unter Marias Schutz“) und zehn weitere an der Chorbrüstung. Unter dem Chor malt er ein Fresko des Gefangenenlagers. Über den drei Oratoriumsfenstern malt er die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies und die Wappen der Starhemberg und der Weißenwolff (Patronatsherren der Kirche). Folgende Inschriften führt er an (freie Übersetzung des Psalms 47, verfasst von P. Petrus Seul Ord. Carmel, Prag):
Männerseite:
Erprobt ist Gott als unser Hort, den siehe, Könige schlossen ein Bündnis. Vereint zogen sie heran. Sie sahen und sie erstarben. Sie bebten und sie flohen. (Ps. 47, 4–7)
Viele Tausend ihrer sah unser Ort auf seinen Fluren – Ein grosses dreifach Lager gefangen bewacht.
Frauenseite:
Wir sahen und erlebten die Erniedrigung unserer Feinde. Wir danken, o Herr deiner Erbarmung kniend in deinem Heiligtum. (Ps. 47, 7–10)
Das da erneuert ward als ein Werk des Friedens mitten im großen Weltkriege im Jahre nach Christi gnadenreicher Geburt 1915.
Das Fenster der Hl. Anna wird von den Frauen von Marchtrenk gestiftet. Es trägt die Inschrift: „Gestiftet im Jahre des großen Krieges von den Frauen der Gemeinde Marchtrenk“.
Außerhalb der Kirche muss der Vorplatz neu gepflastert werden.
September 1915
Als historisches Wahrzeichen und zur Erinnerung an das Kriegsjahr 1915 wird im Kriegsgefangenenlager der sogenannte „Eiserne Tisch“ mit eisernen Namensplaketten darauf angefertigt, um ihn im Sitzungssaal der Gemeinde Marchtrenk zu positionieren. Am 28. September stellen die russischen Gefangenen auf dem Kirchenplatz einen Pavillon auf, worunter der eiserne Tisch gestellt wird. Am 3. Oktober findet eine Feldmesse anlässlich des Namenstages von Kaiser Franz Josef statt, wonach der eiserne Tisch enthüllt wird. Von dem Welser Tiroler Regiment wird das deutsche Messlied gespielt. Kinder der Schule Marchtrenk führen das Festspiel „Der eiserne Nagel“ auf und verschiedene patriotische Ansprachen werden gehalten. Der Pavillon wird von der k. k. Lagerbauleitung der Feuerwehr Marchtrenk geschenkt, steht aber weiterhin vor der Kirche. Im Oktober 1916 wird der Pavillon schließlich von dem Dragonerregiment in Enns für die dortige Musikkapelle gekauft.
13. September 1915
Der Kooperator Ludwig Gruber wird nach Leopoldschlag versetzt und an seiner Stelle kommt Kooperator Alois Gruber nach Marchtrenk.
November 1915
Da die Bahnhofstraße aufgrund der vielen Fuhrwerke ins Lager arg zugerichtet wurde, wird sie auf Kosten der k. k. Lagerbauleitung wiederhergestellt und breiter gemacht. Die Arbeit wird von russischen Kriegsgefangenen gemacht. Die Anrainer sind recht unzufrieden, da sehr viel Grund verbaut werden muss.
28. Februar – 18. März 1916
Zu Kriegszwecken muss das kupferne Dach vom Kirchturm herabgenommen werden. Der Turm wird zuvor, am 27. Jänner, von Dombaumeister Schlager besichtigt. Bei der Abnahme des Daches kann großer Schaden an Turm und Dach festgestellt werden und hätte man die Abnahme nicht gleichzeitig zu Renovierungszwecken genutzt, wäre der Turm möglicherweise früher oder später eingestürzt. Der schadhafte Turm wird am 4. März mit Holzbrettern verstärkt und vom 6. bis zum 18. März durch ein verzinktes Eisenblech neu eingedeckt. Durch die Verkupferung gleicht sich das neue Dach dem alten relativ genau an.
26. März – 16. Mai 1916
Eine neue Orgel wird von den Orgelbauern aus Ottensheim nach Marchtrenk gebracht. Am 28. März wird die neue Orgel abgeladen und mit dem Aufbau begonnen. Am 1. April wird erstmals darauf gespielt, am 14. April ist sie endgültig fertig und muss im Mai nur noch kollaudiert werden.
1. Mai 1916
Die in Deutschland eingeführte Sommerzeit wird auch für Österreich übernommen. Pfarrer Lesslhumer schreibt in der Pfarrchronik aber, dass sich faktisch niemand daran halte.
10. Juli 1916
Kooperator Alois Gruber wird nach Mitterkichen versetzt und an seiner Stelle kommt Kooperator Martin Kühberger nach Marchtrenk.
1. August – 31. Oktober 1916
Neueindeckung des Kirchendaches, des Daches der Marienkapelle und des Daches der Leichenkammer im Friedhof.
14. August 1916
Die damals älteste Einwohnerin Marchtrenks, Maria Kolbauer, stirbt im 96. Lebensjahr.
11. September 1916
Die Regierung führt zukünftig drei fleischlose Tage (Montag, Mittwoch und Freitag) ein.
16. September 1916
Butter- und Fettkarten werden eingeführt. Es gibt nun Brot-, Mehl-, Zucker-, Kaffee- und Fettkarten. Das Offizierskorps im Kriegsgefangenenlager fordert durch die Bezirkshauptmannschaft wöchentlich 20 Kilo Butter und 550 Eier ein.
18. September 1916
Die Arbeiter der „Becker-Fabrik“ ziehen vor das Gemeindeamt und fordern die Behebung der großen Mehl- und Brotnot. Der Bezirkshauptmann verspricht Besserung.
27. September 1916
Mittels Plakaten wird auf die Kartoffelsperre aufmerksam gemacht. Pro Person dürfen täglich 300 Gramm Kartoffeln verwendet werden. Jeder Besitzer muss pro Joch Feld 200 Kilo Kartoffeln abgeben ohne Rücksicht auf den Eigenbedarf. Am 28. September werden von den Besitzern in Marchtrenk 6000 Kilogramm Kartoffeln in das Lagerhaus nach Wels geliefert. Für ein Kilo werden 12 Heller bezahlt, in Wels wird das Kilo für 18 Heller verkauft. Nicht alle Leute, die eigens dafür ins Lagerhaus nach Wels gekommen sind, bekommen etwas von den Kartoffeln ab.
23. November 1916
Infolge des Todes von Kaiser Franz Josef I. am 21. November 1916 wird im Sitzungssaal der Gemeinde Marchtrenk eine Trauerversammlung abgehalten. Pfarrer Lesslhumer hält eine Rede. Am 28. November wird schließlich ein feierliches Requiem in der Pfarrkirche Marchtrenk veranstaltet. Am 2. Dezember wird wiederholt Requiem gehalten, an dem das k. und k.-Militär teilnehmen darf.
30. November 1916
Neben dem Turmdach müssen auch zwei Glocken zu Kriegszwecken abgenommen werden und sie werden Anfang Dezember nach Linz überführt. Beide Glocken sind 1847 hergestellt worden.
11. – 19. Dezember 1916
Aufgrund eines Hirtenbriefes von Bischof Gföllner mit der Bitte um Zusendung von Lebensmitteln für die notleidenden Gemeinden Linz und Urfahr werden zwischen 11. und 19. Dezember von Marchtrenk aus Butter, Eier und Fleisch und vier Kisten mit Kraut, Kartoffeln und Gemüse nach Linz gesendet.
9. Jänner 1917
In eine, in der Lagertischlerei hergestellte Eisentafel, die beim Osteingang der Pfarrkirche angebracht wird, werden die Namen von 27 Gefallenen eingraviert. Bis Ende 1917 werden 34 Marchtrenker gefallen sein.
1. Februar 1917
Die Fahrpreise für die Bahn werden um 50% erhöht. Je länger die Strecke, desto höher fällt der Zuschlag aus. Der Personenverkehr wird eingeschränkt und ab 1. Dezember 1917 wird der Fahrtpreis noch einmal um weitere 50% erhöht. Ebenso werden die Frachten bedeutend teurer.
9. Februar 1917
Wegen Kohlemangel bleibt die Schule 8 Tage lang geschlossen.
12. September 1917
Auch die dritte Glocke, die Josefiglocke, muss zu Kriegszwecken abgenommen werden. Im Turm bleibt nur mehr eine einzige Glocke zurück, die sogenannte Sterbeglocke.
29. September 1917
Der Patron der Pfarrkirche Marchtrenk, Graf Nikolaus Weissenwolff in Steyregg, stirbt im 23. Lebensjahr an Blindarmentzündung in Prag als Letzter seines Stammes.
8. und 16. Dezember 1917
In Marchtrenk finden zwei sozialistische Versammlungen statt. Pfarrer Lesslhumer echauffiert sich über die anschließenden Tanzabende, wenn doch Krieg sei und es daher keinen Grund geben dürfe, sich zu amüsieren.
Jänner 1918
91 Kriegsgefangene sterben im Lager Marchtrenk, fast alle an Entkräftung, Hunger und an der großen Kälte.
7. Jänner 1918
Vom Kriegsministerium werden Orgelpfeifen aus Zinn zu Kriegszwecken eingezogen. Da in Marchtrenk aber alle Pfeifen bis auf 7 aus Zink hergestellt sind, können sie bleiben.
14. Jänner 1918
Wegen Kohlemangel bleibt die Schule 14 Tage lang geschlossen. Aufgrund mehrerer Einrückungen kommt es wiederholt zu Personalwechseln an der Schule.
Februar 1918
313 Kriegsgefangene sterben im Lager.
28. Februar 1918
Der apostolische Nuntius Theodor Balfre di Ponzo besucht die italienischen Kriegsgefangenen in Marchtrenk im Auftrag des Papstes. Ebenso besucht er die Pfarrkirche in Marchtrenk, in der sich viele Katholiken und Schulkinder eingefunden haben. Der Nuntius erteilt den bischöflichen Segen.
März 1918
407 Kriegsgefangene sterben im Lager. Erst mit dem wärmer werdenden April nimmt die Sterblichkeitsrate ab.
Ostern und Fronleichnam 1918
Bei der Auferstehungsfeier nehmen drei gefangene italienische Priester aus dem Lager und 15 Theologen teil. Auch bei der Fronleichnamsprozession nahmen die italienischen Priester Lessio und Orioli sowie die gefangenen Theologen teil. Der Oberst Plefka ließ einen Teil der Soldaten die üblichen Salven abgeben. 32 italienische Soldaten begleiteten die Prozession musikalisch. Am Ende der Prozession knieten die Soldaten auf dem Kirchenplatz vor dem Allerheiligsten. Anschließend bekamen die Soldaten, die Musiker und die gefangenen Theologen Most, Brot, Marmelade und Zigaretten im Pfarrhof. Die Marchtrenker Einwohner haben hierfür gespendet.
16. Juni 1918
In Marchtrenk findet eine Volksvereinsversammlung statt, bei der eine eigene Ortsgruppe gegründet wird
27. Juni 1918
15 katholische Kinder aus Nordböhmen kommen nach Marchtrenk, um hier während der Sommermonate verpflegt zu werden. In Tschechien werden deutschsprachige Einwohner minderwertig behandelt und leiden Hunger, so Pfarrer Lesslhumer. Zwei Buben finden keine Unterkunft, sodass sich der Schuldirektor und der Pfarrer ihrer annehmen. Am 26. August reisen die Ferienkinder wieder nach Hause.
5. – 7. Oktober 1918
Dem Kooperator Martin Kühberger wird vom Bischof aufgetragen, sein Studium in Innsbruck fortzusetzen. An seiner Stelle kommt Leopold Grießer nach Marchtrenk.
2. und 3. November 1918
Nachdem sich Ungarn und Böhmen von Österreich gelöst haben, flüchten die Bewachungsmannschaften mit gestohlenen Monturen aus dem Gefangenenlager in Marchtrenk. Die gefangenen Italiener und angereiste Landsmänner übernehmen die Bewachung des Lagers, 250 Italiener werden zu diesem Zweck bewaffnet. Von den Soldaten wird ein eigener Soldatenrat gewählt.
6. November 1918
Der erste Zug mit 50 Waggons und 2000 Italienern an Bord fährt Richtung Italien ab, am 9. November folgt der zweite Teil.
8. Dezember 1918
Eine Mädchenkongregation wird in Marchtrenk gegründet; 14 Mädchen suchen um Aufnahme an.
12. Jänner 1919
In Marchtrenk findet eine Volksvereinsversammlung statt.
9. Februar 1919
Die katholische Frauenorganisation wird auch in Marchtrenk konstituiert. Anna Pöstinger wird zur Obfrau gewählt.
9. Februar 1919
Kooperator Grießer hält eine Predigt, in der er behauptet, die Sozialisten wollen die Ehegesetze und den Religionsunterricht abschaffen und die Jugend ohne Religion erziehen lassen. Die Predigt führt zu einem Lehreraufstand in Marchtrenk, außerdem erscheint am 24. Februar ein Artikel im „Tagblatt“ mit dem Titel „Ein Hetzkaplan“. Die Sozialisten halten am 9. März in Marchtrenk eine Versammlung ab und fordern vom Pfarrer, er möge den Kooperator beruhigen, ansonsten würden sie aus der Kirche austreten, die Trennung von Kirche und Staat sowie von Kirche und Schule fordern und die Leichenverbrennung befürworten.
16. Februar 1919
Die Wahl zum Nationalrat findet in Marchtrenk in drei Lokalen statt, in der Gemeindekanzlei und bei den Wirten Fischer und Bahnwirt. Von 1501 Wählern werden 1263 Stimmen abgegeben. Die Christlich-Sozialen erhalten 485 Stimmen, die Sozialisten 550 Stimmen, die Bauernpartei 121 und die deutsche Volkspartei 107 Stimmen. Im gesamten Hausruckkreis aber erreichen die Christlich-Sozialen 47.021 Stimmen, die deutsche Volkspartei 27.751 Stimmen, die Sozialisten 20.853 und die Bauernpartei 15.625 Stimmen.
März 1919
Papiergeld muss auf der Post abgestempelt werden.
21. April 1919
Die Landarbeiter und Dienstboten halten Versammlung wegen Regulierung des Lohnes. Zur gleichen Zeit haben die Bauernräte eine Zusammenkunft.
25. Mai 1919
Die Landtagswahl bringt folgendes Ergebnis für Marchtrenk: 501 Stimmen für die Christlich-Sozialen, 473 für die Sozialisten und 190 Stimmen für die Freiheits- und Ordnungspartei. Letztere beiden Parteien koalierten. Gleichzeitig mit den Kandidaten für den Landtag wird der Gemeindeausschuss gewählt (eine Stimme für zwei Funktionen).
31. August 1919
Der neue Obmann im Armenrat Andreas Scherney (Sozialist) veranstaltet ein Konzert im Lager in der ehemaligen Kirchenbaracke. Die Einnahmen kommen den Ortsarmen zu Gute.
6. September 1919
Der Bau einer Zuckerfabrik im Marchtrenker Lager I wird beschlossen.
14. September 1919
Die marianische Jungfrauenkongregation für Marchtrenk wird gegründet. Die Kongregationen von Wels, Hörsching und Traun sind gekommen, die beiden Ersteren mit ihren Fahnen.
Herbst 1919
Ein eigener Ausschuss für vom Krieg heimkehrende Oberösterreicher wird gegründet und das Lager in Marchtrenk wird als Zerstreuungslager bestimmt. Mit dem neuen Bürgermeister Holzfey an der Spitze wird dafür ein eigenes Komitee gebildet. Die Heimkehrer werden fast alle am Bahnhof von der hiesigen Musikkapelle empfangen und mit einer Ansprache durch ein Mitglied des Komitees begrüßt. Bier und Essen werden gereicht. Dann ziehen die Heimkehrer unter musikalischer Begleitung in das Lager, erhalten dort eine Abfertigung und reisen mit dem nächsten Zug in ihre Heimatorte.
Februar 1920
Das Lager Marchtrenk dient nicht länger als Zerstreuungslager für Heimkehrende, ein solcher Umschlagplatz wird nun in Wels eingerichtet. Das Lager in Marchtrenk wird daraufhin aufgelöst.
27. September 1921
Pfarrer Anton Lesslhumer stirbt im 72. Lebensjahr in Marchtrenk. Der Kooperator Leopold Grießer wird darnach zum Provisor ernannt.
8. Februar 1922
Der neu ernannte Pfarrer Leopold Schnitzer, bisher Pfarrer in Strohheim, trifft in Marchtrenk ein.
24.12.1922
Vier neue Glocken, die für Marchtrenk in der Glockengießerei St. Florian hergestellt wurden, treffen in Marchtrenk ein und werden am Tag vor Weihnachten geweiht. Die alte „Sterbeglocke“ wird an die Kirche in Holzhausen verkauft. Mittels einer Haussammlung, auch bei den evangelischen Einwohnern Marchtrenks, können die Glocken bezahlt werden.
9. September 1923
Ein großes Kriegerdenkmal wird enthüllt und eingeweiht. Die Festpredigt wird vom Brigadepfarrer Spanlang aus Linz gehalten. Zahlreiche Festgäste und Vereine wohnen der Feierlichkeit bei. Am Vorabend wird der Kirchturm beleuchtet, am Turm wird musiziert und ein Fackelzug wird veranstaltet.
14. Oktober 1923
Die Christlich-Sozialen halten eine Versammlung mit etwa 300 Teilnehmern in Marchtrenk ab.
21. Oktober 1923
Die Nationalratswahl findet satt: die Christlich-Sozialen erhalten in Marchtrenk 556 Stimmen, die Sozialdemokraten 430 und die Großdeutschen 236 Stimmen.
6. April 1924
Bei der Gemeinderatswahl (Christlich-Soziale 518 Stimmen, Sozialdemokraten 420 Stimmen, Großdeutsche 256 Stimmen) wird Ignaz Huber zum neuen Marchtrenker Bürgermeister gewählt.
April – Herbst 1924
Der Bau eines Armenhauses samt einer Kinderbewahranstalt für Marchtrenk wird in Angriff genommen. Die barmherzigen Schwestern aus Linz werden zur Leitung der Anstalt bestimmt. Dies wird von der christlichsozialen Partei bestimmt, die anderen Parteien wollen keine geistlichen Schwestern für die Leitung.
12. Jänner 1925
Die Kinderbewahranstalt wird von Dechant Baumgartner aus Wels eingeweiht.
15. – 22. März 1925
In Marchtrenk wird eine Volksmission gehalten.
6. Juni 1926
Bürgermeister Ignaz Huber erhält von Bischof Gföllner die Auszeichnung eines bischöflichen Ehrenrates. Auch Frau Bachmayr, Vorsitzende der Kinderbewahranstalt, erhält wenige Tage später ein bischöfliches Ehrendiplom für ihre karitative Tätigkeit verliehen.
18. Juli 1926
Zum Schulschluss wird in der Kinderbewahranstalt eine Handarbeitsausstellung veranstaltet.
1927 und 1928 soll sich laut Pfarrchronik nichts Besonderes zugetragen haben.
Herbst 1929
Der Bau der Friedhofhalle wird im Rohbau vollendet.
1930
Die Friedhofkapelle wird ausgemalt.