Vorläufer unseres Stadtwappens: Stadtarchiv Wels
Die Wahrheit über das Geschlecht der „Marchtrenker Ritter“.
Fotomontage: Erwin Prillinger
Kurzfassung des Vortrages DI Erwin Prillinger, 11. 3. 2008
1299 wird Marchtrenk erstmals urkundlich im Stiftsurbar Kremsmünster erwähnt. Es war damals eine kleine Ortschaft aus Heidebauernhöfen in der Pfarre Hörsching. Manche dieser Höfe gehörten zur Herrschaft Steyregg, die vom Geschlecht der Kapeller ausgeübt wurde. Im 14.Jahrhundert pachteten die Kapeller auch die Herrschaft Burg Wels von den Habsburgern. Damit verwalteten sie weite Teile der Welser Heide. Kein Wunder, dass sie sich dazu zentral in Marchtrenk im so genannten Richterwirtshaus, dem heutigen Gasthof Fischer, ein Amt einrichteten. Rund hundert Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung Marchtrenks tauchen in vielen Urkunden erstmals Mitglieder einer Familie mit Namen „Marchtrenker“ auf.
1394 Eberhard Marchtrenker „mein Amtmann all dahier,“ heißt es in einer Urkunde, mit der ein Acker an die Kirche in Oftering geschenkt wird.
1392 Heinrich Marchtrenker, Urkunde über den Verkauf eines ererbten Gutes.
1453 Paul Marchtrenker, wird als Ratsbürger zu Linz genannt.
Aus diesen ersten Erwähnungen lässt sich schließen, dass die Marchtrenker gebildete (Amtmann) und begüterte Leute waren, die ins Stadtbürgertum aufsteigen konnten.
1492 Wolfgang Marchtrenker zu Marchtrenk in der Pfarre Hörsching, Verwandter des Wirts an der „Oberen Tavern in Puechkichen“, verkauft für seine Mündel ein Haus in Wels. Vielleicht gibt diese Urkunde Anlass, das Stammhaus der Marchtrenker im hiesigen Richterwirtshaus zu sehen, das auch als Obere Tavern bezeichnet wurde. Aus dieser Urkunde, die im Stadtarchiv Wels liegt, lässt sich auf eine begüterte Familie schließen, die dem Gastgewerbe nahesteht und die in den nächsten Jahrzehnten einen erstaunlichen Aufstieg in Wels machen kann. Z Zunächst aber erfahren wir noch von
1514 Hans Marchtrenker als Schmied in Marchtrenk .
1525 Wolfgang Marchtrenker kauft ein Haus in der Schmiedgasse in Wels
1527 Wolfgang Marchtrenker siegelt mit einem eigenen Wappen als Verweser der Herren von Pollheim in Wels. Die Verwendung eines Wappens war damals ein Privileg. Wenn man weiß, dass die Pollheimer mit den Habsburgern eng befreundet waren und bei der Pacht der Herrschaft Burg Wels dem Kaiser 100.000 Gulden vorstreckten, der Marchtrenker Wolfgang gleichzeitig
Finanzchef (Rentmeister) der Pollheimer war und damit solche Vermögen zu
verwalten hatte, wird klar, dass der Familie der Marchtrenker ein fulminanter
Aufstieg in der mittelalterlichen Verwaltung gelungen war. Wolfgang
Marchtrenker siegelt zahlreiche Betzettel in Wels und tritt auch als Welser
Ratsbürger in Erscheinung
Im Archiv der Stadt Wels kann man den Besitz des Wolfgang Marchtrenker an Häusern in Wels um 1540 noch heute eruieren
Als er 1550 stirbt hinterlässt er ein ansehnliches Vermögen, die Verlassenschaftsabhandlung befindet sich im Stadtarchiv Wels
1560 Wilhelm Marchtrenker, Sohn des Wolfgang Marchtrenker folgt gemäß einer Urkunde seinem Vater als Rentmeister der Pollheimer nach.
Die Familie, die nun zu hohen Ämtern in der Herrschaftshierarchie des Landes aufgestiegen ist, verzweigt sich in Oberösterreich. Ein „Marchtrenker“ wird Stadtschreiber in Enns, einem heutigen Stadtamtsleiter vergleichbar und steht damit in direkten Diensten des Landesherrn, des Kaisers. Für seine Verdienste wird seine Familie in den Adelsstand erhoben. Die Marchtrenker zählen damit ab ca.1600 zum sogenannten Briefadel, so genannt wegen des Adelsbriefes, der zu einer solchen Nobilitierung ausgestellt wurde.
1584 Stefan II. Marchtrenker wird in Wels geboren- Als Protestant geht er um 1620 nach Regensburg ins Exil. Sein Sohn Wilhelm macht im Deutschen Reich Karriere:
1619 Wilhelm II. Marchtrenker in Linz geboren. Wahrscheinlich in Regensburg
aufgewachsen, wird er um 1670/80 beim deutsch Fürsten, dem Markgrafen von Baden- Durlach Kammersekretarius und dann Hofmeister des Kronprinzen Carl Wilhelm. Keine leichten Ämter in der 1689 von den Franzosen verheerten Markgrafschaft. Wilhelm II. Marchtrenker verstirbt 1695.
Interessant ist, dass der Kronprinz als Markgraf Carl Wilhelm 1715 zum Gründer der Stadt Karlsruhe wird. Er ließ anstatt des zerstörten Schlosses Durlach zunächst ein völlig neues Schloss im Wald bei Durlach errichten und nannte
es Karlsruhe. Um dieses Schloss wurde die Stadt Karlsruhe als Neuplanung
angelegt. Durlach ist heute nur mehr ein Stadtteil von Karlsruhe. Die
Marchtrenker, die bei der Erstplanung noch dabei gewesen sein dürften, haben
1715 das Fürstentum schon verlassen gehabt, denn
1716 Carl Wilhelm II. Marchtrenker, Sohn von Wilhelm II. wird Advokat in Nürnberg. . Es gelingt ihm, die Hofmark Högen, ein Herrschaftsgut im Herzogtum Pfalz- Sulzbach zu erwerben . Dadurch wird er Landsaß. Als solcher war er
wirtschaftlich unabhängig und rechtlich nur mehr dem Herzog unterstellt. Mit
Carl Wilhelm II. erlischt 1743 das adelige Geschlecht der Marchtrenker
Die Marchtrenker steigen in den über 300 Jahren, die wir ihre Spur in der Geschichte verfolgen können, von Dorfhandwerkern und Gastwirten zu Stadtbürgern auf, machen als Beamte an herrschaftlichen und landesfürstlichen Höfen Karrieren, werden schließlich vom Kaiser geadelt. Der letzte Carl Wilhelm II. Marchtrenker erreichte in der feudalen Welt der Neuzeit ein Höchstmaß an persönlicher Freiheit. Wir können stolz sein, dass wir einem Geschlecht unser Stadtwappen verdanken, dessen Mitglieder sich Ansehen und Wohlstand nicht mit Krieg und Kampf, wie es bei mittelalterlichen Rittern, die sie nie gewesen sind, üblich war, sondern mit Fleiß und harter Arbeit verdienten.
Quellen: Marchtrenk, Zehn Jahre Marktgemeinde, Viktoria Weinzierl S.89 ff
Archiv der Stadt Wels
Urkunden im Landesarchiv: Die waren wegen dessen Umbaus zur Vortragvorbereitung nicht zugänglich.
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