Marchtrenk und Liechtenstein


3. Februar 2015

Am 29. März 2004 eröffnete Fürst Hans Adam II von Liechtenstein im renovierten Wiener Stadtpalais seiner Familie das „Museum Liechtenstein“. Eine der größten Privatsammlungen barocker Kunst, die seit 1945 in den Depots in Vaduz schlummerte, wurde damit der Öffentlichkeit wieder zugänglich. Das glanzvolle Ereignis der Museumseröffnung, von dem im Fernsehen und in den Zeitungen ausführlich berichtet wurde, gibt dem Museumsverein Anlass, auch auf die  Bedeutung der Liechtensteiner für unsere Stadt Marchtrenk hinzuweisen.

Die Liechtensteiner sind ein altes österreichisches Adelsgeschlecht. Die Burg Liechtenstein bei Mödling war ihr Stammsitz. Seit dem 12 Jahrhundert dienten die Liechtensteiner Kaisern, Königen, und Herzögen des Reiches.  Als oft weit verzweigte Familie und treue Vasallen der Landesherrn gelangten die Liechtensteiner in den Besitz zahlreicher Herrschaften in Oberösterreich, Niederösterreich und vor allem in Böhmen , wo Nikolsburg der Hauptsitz werden sollte.

1406 erwarb Hartneid von Liechtenstein die Herrschaft Steyregg im Erbwege von den Kapellern und damit auch das „Amt Marchtrenk“, die Verwaltungsstelle der Steyregger in der Welser Heide. Die Liechtensteiner erwiesen sich als vorzügliche Sachwalter und wurden deshalb vom Habsburger Landesherrn mit einem exempten Landgericht betraut, das heißt in ihren Herrschaften hatten sie auch die Höchst- und Blutgerichtsbarkeit inne. Nicht so sehr das Strafrecht, sondern die zivile Rechtssprechung über zwei Instanzen bei Erbschaften, Heiraten, Kaufverträgen, Übergaben und allen anderen Zivilrechtssachen verliehen hohe Autorität und war damals ein einträgliches Geschäft. Um 1480 wurde unter Christoph von Liechtenstein der heutige Gasthof Fischer – Sitz des „Amtes Marchtrenk“ – zum ersten profanen Steinbau in Marchtrenk ausgebaut. Ebenso ließ Christoph von Liechtenstein mit dem Umbau der Holzkapelle zur gotischen Kirche beginnen.

Das Urbar der Herrschaft Steyregg von 1484 bezeichnet die Obere Tavern, so hieß der Gasthof Fischer, schon als Hochhaus. „Eine stattliche Hoftavern“ steht in einem anderen Urbar von Steyregg über dieses Richterwirtshaus, wie es auch hieß, verzeichnet.

1580 verkauften die Liechtensteiner, die nun überwiegend in Böhmen und Prag den Habsburgerkaisern dienten, die Herrschaft Steyregg an die Herren von Tollet bei Grieskirchen, die Jörger.

Dem segensreichen Wirken der Liechtensteiner vor über 500 Jahren verdanken wir Marchtrenker die beiden heute wichtigsten historischen Gebäude unserer Stadt.
1608 wurde Karl von Liechtenstein  vom Kaiser zum Fürsten erhoben. Gewohnt Herrschaften zu erwerben, konnten die Liechtensteiner 1712 die von Böhmen weit entfernten Herrschaften Vaduz und Schellenberg kaufen und diese vereinen. 1719 erreichte Anton Florian von Liechtenstein vom Kaiser die Erhebung dieses Besitzes zu einem reichsunmittelbaren Fürstentum. Der heutige Fürst Hans Adam II. von Liechtenstein ist so der letzte regierende Fürst des einstigen „Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation“.

Beitrag erstellt von Erwin Prillinger.